"Ostwind – Zusammen sind wir frei"
Filmdrama von Katja von Garnier
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"Ostwind – Zusammen sind wir frei" ist ein spannendes und berührendes Pferdefilmdrama mit dem Ruf nach Freiheit als Rotem Faden. Es besticht durch seine ergreifende Handlung, durch hohe und manchmal traumhafte Bildkraft und durch die Authentizität der organischen Landschaftskulisse. Die Handlung geht weit über eine herkömmliche Pferde-Mädchen-Geschichte hinaus. Angesichts ihres dramatischen Tiefgangs in alle Richtungen, der die höchste Bewertung verlangt, scheint die Freigabe für jüngste Altersstufen etwas fragwürdig.
Ostwind ist in etlichen Sprach-Versionen auf Datenträgern erhältlich.
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Inhaltliche Zusammenfassung
Der Film erzählt von dem ungestümen Hengst Ostwind als Urenkel der legendären Hessenstute Halla, welche 1956 ihren schwer verletzten und "halb ohnmächtigen" Springreiter fehlerfrei ins Ziel trug und damit zur olympischen Goldmedaille. Ostwind hat den Genius, aber auch die Eigenwilligkeit und scheue Widerspenstigkeit seiner Urgroßmutter geerbt (mehr dazu hier).
Die Gutsherrin Maria Kaltenbach kauft Ostwind dem hessischen Springreit-Landestrainer ab und wird dabei folgenschwer an der Hüfte verletzt, weil der Wildfang die Gelegenheit nutzt und aus seiner Box ausbricht. Auf den Ausbruch folgt die Titelszene des Films mit einer traumartigen, fliegenden Jagd über endlos frei anmutende Berg- und Gipfelweiten.
Solche Bilder der Freiheit träumt in der Frankfurter U-Bahn auch die Quartanerin Mika Schwarz, bis sie von ihrer Freundin geweckt wird. Es ist der letzte Tag vor den Sommerferien, aber zunächst wartet noch einmal die öde, einengende Schule.
Mikas Gymnasium: Die Gitter an Tür und Fenstern sind scheinbar ein Hinweis darauf, worum es im Film geht.
Zudem ist Mikas Klassenlehrer ein äußerst linker Typ: Er gibt ihr ohne jede Vorwarnung ein Hängenbleibe-Zeugnis. Darüber ist selbst Ihre Freundin Fanny ratlos, so dass sie Mikas Zeugnis kurzerhand anzündet und es aus dem Fenster wirft. Als dann Mika aus der Schultür tritt, muss sie geschockt sehen, wie das Zeugnis den Ford Mustang des affigen Lehrers in Brand setzt. Soweit aber hätte Mika selbst in ihrer Wut längst nicht gehen wollen.
Nach all dem darf sie dann natürlich nicht wie geplant mit Fanny in das Feriencamp an die Nordsee, sondern wird von ihren Eltern zur Oma aufs Land geschickt, wo sie büffeln soll.
Mit dem ICE von Frankfurt Richtung Hessisch-Sibirien und Umstieg in eine "Bimmelbahn" kommt sie an einem einsamen Land-Haltepunkt an, wo niemand ist außer einer dösenden Kuh, die noch Hörner tragen darf und die Mika begrüßt. Mika antwortet mürrisch muh und macht ein Foto für Fanny mit dem Titel "Willkommen in der Pampa". Dann wird sie hier vom Stallburschen ihrer Großmutter zu deren Gut "Kaltenbach" abgeholt.
Gut "Kaltenbach" vor dem Rand des Waldes
Das landwirtschaftliche Gut ihrer Oma liegt idyllisch vor dem Wald. Mika hatte nicht geahnt, dass es sich dabei in Wahrheit um einen Reiterhof handelt. Nun legt sich ihre anfänglich befürchtete Langeweile, denn sie lernt den scheuen Ostwind kennen, den ihre Großmutter trotz ihrer schlechten Erfahrung mit ihm und entgegen allen Abratens durch den Landestrainer gekauft hatte.
Anders als die Leute von Kaltenbach findet Mika schnell Ostwinds Vertrauen. Denn beide empfinden sich in ihrer Sehnsucht nach Freiheit als Leidensgenossen und verstehen sich in einer fast magischen Weise. So schleicht sich dann Mika immer wieder heimlich zu Ostwind in den Stall.
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Andererseits aber möchte Mika auch mit Fanny telefonieren, doch bei dem schwachen Handynetz in der Waldpampa ist ihr das noch immer nicht gelungen. Erst als sie ausgiebiger in der Gegend herumstreift und auf einen Weidezaun klettert, bekommt sie Verbindung.
Mika klettert für besseren Handy-Empfang auf diesen umwucherten Weidezaun.
Der Weidezaun ist dicht von Brennnesseln und Mädesüß umwuchert, und so merkt Mika nicht gleich, dass dahinter ein älterer Mann auftaucht. Wie sich herausstellt, ist er der Großvater des Stallburschen und wohnt hier in einem alten Bauwagen unter einer Gruppe schattender Eichen. Früher, als Mikas Großmutter noch international bedeutende Springreit-Meisterin war, war er der Trainer bei ihr auf Kaltenbach gewesen. Dann aber hatte sie ihn gefeuert, weil seine einfühlsamen Trainingsmethoden nicht in ihr hartes Konzept passten.
Der ehemalige Springreit-Trainer wohnt draußen bei den Koppeln in einem Bauwagen unter diesen schattenspendenden Eichen.
Mit ihren heimlichen Besuchen bei Ostwind im Stall beschwört Mika bald ein Malheur herauf, wobei er ins Freie ausbüxt. Suchaktionen bleiben zunächst erfolglos. Mika findet ihn dann später bei dem alten Trainer, der den Widerspenstigen mit Mühe und Not hat in die Hangkoppel locken können. Der Alte warnt Mika, doch sie klettert ganz ungeniert gleich über den Koppel-Zaun zu Ostwind hinein, denn sie hat ja längst sein Vertrauen. Fortan wird die Koppel zur heimlichen Spielwiese für Ostwind und Mika. Der alte Trainer verrät die Beiden nicht; sondern er deckt sie und macht sich vielmehr zum Komplizen.
Die Hangkoppel unter den Eichen als Spielwiese für Ostwind und Mika
Frau Kaltenbach, die Ostwind ohnehin für unbrauchbar hält, ist durch sein Ausbüxen verärgert über Mika, und über Ostwind ja sowieso. Sie droht, ihn wieder zu verkaufen – verkaufen an einen mysteriösen Ungarn, von dem man lieber gar nicht wissen möchte, was er mit den Pferden macht.
Davor will Mika Ostwind um jeden Preis bewahren. Hoch oben in der Astgabel einer uralten Eiche kommt es schließlich zu einem konspirativen Treffen zwischen Mika und dem Stallburschen, wo sie über Ostwinds Zukunft beratschlagen.
Die mächtige Eiche, auf deren gespaltener Astgabel sich Mika und der Stallbursche konspirativ Ostwinds Rettung ausmalen
Wie Zwerge sitzen Mika und der Stallbursche oben in der riesigen Eiche und blicken hinunter auf Ostwind. Er grast ruhig unter dem Baum auf der riesigen Weidefläche, und Mika bemerkt, dass er hier "irgendwie glücklich" aussieht. Sie, die von Pferden ja null Ahnung hat, kommt sogar auf die abwegige Idee, Ostwind an dem nächsten Turnier der Kaltenbach-Classics teilnehmen zu lassen, damit er ihrer Oma zeigen könnte, dass er nicht unbrauchbar ist. Doch wer soll ihn reiten?
Es kommt noch absurder: Mika selbst will ihn reiten – sie, die noch nie auf einem Pferd gesessen hat! Da kann der Stallbursche nur noch lachen.
Wenn es aber jemanden gibt, der ihr alles beibringen könnte, dann kann das nur der alte Springtrainer sein...
Hier auf den weitläufigen Weidegründen etwas weiter weg vom Gutshof lässt sich gut heimlich trainieren, ohne dass Frau Kaltenbach davon etwas mitbekommen muss.
Ostwinds heimliche Trainings finden auf den riesigen Weidegründen unter diesen majestätischen Eichen statt. (Dieser hervorragenden, im Film mehrfach gezeigten Kulisse hatte wenige Jahre zuvor die Zerstörung durch "Henners Traum" gedroht.)
Der alte Springtrainer führt Mika ausgiebig in die Reitkunst ein und gibt ihr jede Menge Geheimtipps. Schließlich führt er Mika und Ostwind auch an den Bergsee, wo Mika schon das Balancieren lernte und wo nun im Wasser Pferd und Reiterin die Angst beherrschen lernen sollen.
In diesem Bergsee sollen Mika und Ostwind die Angst beherrschen lernen.
Dann kommt der Tag, da der Trainer Mika und Ostwind nichts mehr weiter beibringen kann, und so dürfen sie einmal tun, was sie am besten können: querfeldein "fliegen"...
Ein Motiv aus Mikas und Ostwinds "Fliegen" über die Landschaft ist u. a. dieses idyllische Brückchen.
Ostwind und Mika "fliegen" querfeldein über Wiesen und Kornfelder, und als sie frontal gegen einen Weidezaun galoppieren, macht Ostwind einen kühnen Sprung darüber hinweg.
Ostwinds kühner Sprung über den Weidezaun (im Hintergrund von rechts aus der Einmündung auf die Wiese links). Obwohl die Furt eigentlich ein attraktives Filmmotiv gewesen wäre, wurde sie nie in Szene gesetzt.
Mit dem Sprung über den Weidezaun können Mika und Ostwind triumphieren. Der Stallbursche kam gerade auf dem Trecker den Feldweg entlang und hat alles mit angesehen.
Nach diesem Triumph bewahrheiten sich nun auch Mikas Visionen, die sie in Frankfurt noch in der U-Bahn geträumt hatte: Die Gipfelweiten werden Realität, und Ostwind, Mika und der Trainer steigen zur Feier des Tages bis ganz hinauf.
Oben auf den Gipfeln: Der Trainer stellt sich hin wie Caspar David Friedrichs berühmter Wanderer.
Von hier oben blicken nun Mika und Ostwind gemeinsam ihrem Reitlehrer über die Schultern hinunter, so wie einst Caspar David Friedrich seinem Wanderer, und lassen alle Horizonte unter sich liegen, so wie ein federtragender Indianer auf dem Berggrat. (Mehr zu diesem Aufnahmeort auf dieser Seite.)
Sie führen Frau Kaltenbach ihre Erfolge vor und schenken ihr reinen Wein ein. Sie ist begeistert und lässt sich nun auch versöhnen, und das Turnier kann kommen.
Ostwind droht nun natürlich auch kein Verkauf mehr, und Mika und Ostwind sind ab jetzt endgültig unzertrennlich. Ihnen ist aber auch klar, dass keiner von beiden die gewonnene Freiheit ohne den anderen behalten kann. Nur zusammen sind sie frei.
Alle erwarten nun das Turnier.
Durch die Sabotage einer Konkurrentin führt dann aber das Turnier in eine Katastrophe, Ostwind stürzt schwer, und der zu Hilfe eilende Stallbursche wird lebensgefährlich verletzt und muss ins Krankenhaus. Alles mühsam Erarbeitete und Erkämpfte ist mit einem Schlag wieder zunichte, und Ostwind droht nun endgültig der Verkauf an den unheimlichen Ungarn.
Mika sieht keinen anderen Ausweg mehr, als mit Ostwind auszureißen und heimlich zu Fanny an das See-Camp zu flüchten. Und so treten Mika und Ostwind einen dramatischen Marathon-Ritt quer durch halb Deutschland an, über Felder, Wälder, Autobahnen – und immer mit der Polizei im Nacken, die nach den Vermissten sucht.
Irgendwann und irgendwo inmitten einer sonnigen Feldlandschaft liegen dann Pferd und Reiterin erschöpft auf einander an einem Rain, und alles fängt sich an zu drehen...
Erschöpft liegen Mika und Ostwind hier am Feldrain.
Hiermit soll die Kurzübersicht nun enden. Aber Mika und Ostwind rappeln sich wieder auf, das Drama nimmt seinen Lauf und spitzt sich immer weiter zu. Das tiefste Tief war noch nicht tief genug, und Mika und Ostwind waren noch nicht tief genug im Elend.
Ostwind ist auf dem Weg in die Hölle, und somit Mika auch. Die Abreise von Kaltenbach scheint nur noch steil abwärts zu führen, wie die Autofahrt dieses steile Sträßchen hinab symbolisiert...
Aber vielleicht kommen irgendwann auch wieder Bilder von Sprüngen in die Freiheit...
Sprung über die Autoschlange in eine lieblich freie Landschaft
Aufgrund des Erfolgs dieses herausragenden Spielfilms wurden noch einige weitere Episoden um den Hengst Ostwind gedreht, ebenfalls wieder wesentlich im Reinhardswald und der Umgebung.
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