Erlebnis Hessen

Selbstversuch Survival – Überlebenstraining im Reinhardswald

Ein Film von Nathaly Janho, Hessischer Rundfunk 2022

in der ARD-Mediathek vorrätig laut Angabe bis 15.10.2024



Irgendwo im tiefen Hain
ziehen wir über Stock und Stein.
Fern von zuhaus  – nur Schinderei
eine Handvoll Mann – und ich bin dabei.

Eine Handvoll Mann und kein Befehl
und ein Weg steil auf die Höh'.
Bergauf,  bergab – vor und zurück,
das war wohl nicht Tanzlehrers Glück.


Eine Handvoll Mann und kein Befehl

Frei nach den Blauen Jungs, bzw. Freddy Quinn oder Heidi Brühl ("Hundert Mann und ein Befehl", versch. Versionen im Internet)*.


Eine Handvoll Mann marschiert zehn Kilometer durch die „Wildnis” des nördlichen Reinhardswaldes auf die Höhen hinauf, zwei Nächte im Schlafsack inklusive. Geführt wird die Gruppe des Überlebenskurses von einem ehemaligen Zeitsoldaten, der den Teilnehmern auch einige soldatische Feldpraktiken vermitteln will. Die tragikomische Note enthält immer wieder satirisch wirkende Pointen, wie zum Beispiel mitgeführte High-Tech-Verpflegung der U.S.Army und vor allem einen teilnehmenden Tanzlehrer, der sich beweisen will, "dass ich das jetzt schaffe". Leider versagt bei ihm die High-Tech, so dass er die Ravioli kalt schlucken muss. Er spricht gleichzeitig auch den Begleitkommentar zum Film, zum Glück nicht ganz ohne Selbstkritik und Selbstironie. Irgendwie bleiben aber doch gewisse Restzweifel, ob das Ganze nicht doch ernst gemeint sein könnte. Denn seine trockene Frage an den Leiter, was denn sei, wenn er einmal müsse, mutet in ihrer Weise geradezu wie aus dem ehrlichen Stehgreif an. Und in seinem ohnehin überschweren Rucksack schleppt er sogar ein Glas Honig mit. Ist all das Schauspielerei, dann wirklich erstklassige. Trotzdem ist noch Steigerung möglich, bis zu einem bitter-süßen Höhepunkt, wenn der Kursleiter das genannte Marschlied gekonnt abtörnend anstimmt und damit in der Gruppe völlig verloren bleibt. Seine Kampfmontur und Kriegsbemalung, zusammen mit der Waldkulisse, würden ja längst dramatischere Musikbegleitung erwarten lassen, vielleicht Wagner oder Metal. Umso krasser dann die Überraschung: Reggae im Reinhardswald...

Der dokumentierte „Überlebenskurs” ist Teil des Veranstaltungsprogramms des vor kurzem gegründeten „Naturpark Reinhardswald”. 

***

* Das im Film kurz angestimmte Marschlied ist natürlich seriöser als der obige Zuschnitt. Und ganz anders als die ursprüngliche amerikanische Textversion "Ballad of the Green Berets" ist es vor allem ein Antikriegslied:

Irgendwo im fremden Land
ziehen wir durch Stein und Sand.
Fern von zuhaus und vogelfrei,
hundert Mann – und ich bin dabei.

Hundert Mann und ein Befehl
und ein Weg, den keiner will.
Tagein tagaus, wer weiß wohin –
verbranntes Land, und was ist der Sinn!

Ganz allein in dunkler Nacht
hab ich oft daran gedacht,
dass weit von hier der Vollmond scheint
und weit von mir ein Mädchen weint.

Und die Welt ist doch so schön,
könnt ich dich noch einmal seh'n!
Nun trennt uns schon ein langes Jahr,
weil ein Befehl unser Schicksal war.

Wahllos schlägt das Schicksal zu,
heute ich und morgen du.
Ich hör von fern die Krähen schrei'n,
im Morgenrot – warum muß das sein?