"Kampf im Reinhardswald"

Dokumentarfilm von Stefan Venator,
Hessischer Rundfunk 2022

in der ARD-Mediathek laut Angabe bis 06.11.2024 abzurufen



Der Titel "Kampf im Reinhardswald" bezieht sich auf die Auseinandersetzung zwischen den Planern und Fürsprechern eines Windparks im Reinhardswald und den Gegnern dieser Idee und des Projekts. Formal ist die Studie zwar als Dokumentation angelegt und ausgegeben, es fällt jedoch schon nach kurzer Zeit des Zusehens ins Auge, dass sie eine ganz besondere Seitenlastigkeit und Methode aufweist.

Da der Film trotzdem formal nach den Kriterien für seriöse Dokumentationen bewertet werden muss, ist es logische Konsequenz, dass solche Bewertungen wesentlich negativ ausfallen. Unter den in diesem Sinn bundesweit bekannt gewordenen Beispielen sei hier nur der Beitrag des Wochenblattes "Stern" angeführt, der den Film als Informationsquelle für "wenig geeignet" hält und in seiner Überschrift mahnt: "Lieber Hessischer Rundfunk, Naturschützer sind weder Reichsbürger noch Nazis".

Die harsch zurechtweisende Schlagzeile ist treffgenau und erforderlich. Denn in der Tat beschäftigt sich der Film in überaus weiten Längen damit, den örtlichen Planungsgegnern Verbindung zu diesen und anderen Gruppierungen nachweisen zu wollen, die er für ominös hält. Da eine derartige Realität in den repräsentativen Gruppen des Widerstands natürlich nicht existiert, kann der Film sein Ziel auch nie erreichen. Und so ist es dem Autor wenigstens am Rande irgendwie zugute zu halten, dass er über dieses Ziel trotzdem gleich anfangs in seinem Kommentar wörtlich informiert: "Ich will wissen, geht es bei diesem Kampf nur um die Natur und den Schutz des  Reinhardswalds oder sind da auch politische Interessen und persönliche Eitelkeiten im Spiel?" Diese Frage nimmt im Film allerdings dann so weiten Raum ein, dass sie wie eine Besessenheit wirkt, die das Eigentliche fast zur Nebensache erklärt.

Aber auch der Ankündigungstext des Hessischen Rundfunks für den Film distanziert sich davon nicht, sondern bleibt stattdessen auf derselben Schiene und unterstellt in seiner Titelzeile fälschlich: "Dubiose Interessen bei nordhessischen Windkraftgegnern".

Echte Fakten hingegen, vor allem die Bedrohung der landschaftlichen Freiheit des Gebiets im Großen und Ganzen, werden im Film durch den federführenden Projektierer als "Falschinformationen" und "Fake-News" diffamiert, oder zumindest der Filmschnitt lässt diese Deutung zu bzw. strebt sie an. Die Pro-Stimmen zur Planung werden im Film stets kaum hinterfragt, ganz im Gegensatz aller Contra-Stimmen. Damit ist diese "Dokumentation" klar tendenziös. Eine seriöse Berichterstattung, auch wenn sie von einem Kampf handelt und in dieser Terminologie reden muss, hätte sicher anders auszusehen.